Die EU-Staaten haben sich auf ein neues Sanktionsinstrument nach US-Vorbild zur Bestrafung von Menschenrechtsverstößen geeinigt. Verletzungen in Ländern wie China, Russland oder Saudi-Arabien sollen demnach von der Europäischen Union künftig deutlich einfacher sanktioniert werden können.
Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell hatte den Entwurf eines solchen Sanktionsregimes Ende vergangenen Jahres angekündigt. Die nun getroffene Einigung unter den EU-Botschaftern muss nun abschließend beim Rat der Außenministerinnen am Montag beschlossen werden, um in Kraft zu treten. Sie war in den vergangenen Wochen unter dem derzeitigen deutschen EU-Ratsvorsitz ausgehandelt worden.
Die neue Regelung wird es den Angaben zufolge ermöglichen, Vermögenswerte von Akteuren einzufrieren, die schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen begehen oder davon profitieren. Zudem sollen gegen Personen auch Einreiseverbote verhängt werden.
Vorbild Magnitsky Act
Bislang konnten Menschenrechtsverletzungen nur im Zusammenhang mit Strafmaßnahmen gegen Staaten – etwa im Ukraine-Konflikt – oder im Rahmen von speziellen Sanktionsregimen geahndet werden, die die EU zum Beispiel seit 2018 im Kampf gegen Cyberangriffe und den Einsatz von Chemiewaffen geschaffen hat.
Das hat eine Reaktion der EU auf Menschenrechtsverletzungen bislang kompliziert oder unmöglich gemacht – so zum Beispiel im Fall der grausamen Tötung des Journalisten Jamal Khashoggi im saudi-arabischen Konsulat in Istanbul.
Vorbild für das geplante EU-System ist der sogenannte Global Magnitsky Act der USA. Dieser war 2016 vom US-Kongress beschlossen worden, um Sanktionen gegen Einzelpersonen zu verhängen, die für den Tod des russischen Anwalts und Wirtschaftsprüfers Sergej Magnitski verantwortlich sind. Magnitski war 2009 während der Untersuchungshaft in einem russischen Gefängnis gestorben, nachdem er misshandelt und unzureichend medizinisch versorgt worden war. (Lesen Sie dazu hier: Wie wahr ist die Geschichte, auf der die US-Sanktionen gegen Russland beruhen?)
Vorschläge, den geplanten EU-Sanktionsmechanismus nach dem jüngst vergifteten Kremlkritiker Alexej Nawalny zu benennen, griff die EU nicht auf. Die EU-Staaten hatten wegen des Anschlags auf den Oppositionspolitiker bereits im Oktober über das Chemiewaffen-Regime Einreise- und Vermögenssperren gegen mutmaßliche Verantwortliche aus dem Umfeld von Präsident Wladimir Putin verhängt.
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