Auch Hobbypiloten brauchen einen Führerschein: Wer seine Drohne in EU-Staaten wie Deutschland startet, muss seit Jahresbeginn einen sogenannten EU-Kompetenznachweis vorlegen. Das schreibt die EU-Drohnenverordnung vor. Dieser Führerschein ist auch für Spaßflüge auf dem freien Feld nötig, sobald die Drohne 250 Gramm oder mehr wiegt – oder eine Kamera an Bord hat.
Diese Kriterien treffen auf ziemlich viele populäre Modelle wie etwa die DJI Mavic Air 2 zu. Sprich: Wer nicht nur Spielzeug steuern will, kommt um den sogenannten kleinen Drohnenführerschein nicht herum. Mit dem lassen sich dann aber auch ganz schöne Brocken mit einem Gewicht von bis zu knapp 25 Kilogramm lenken. In diese Kategorie fallen unter anderem Drohnen mit zwölf Rotoren und einem Durchmesser von mehr als einem Meter.
Um einen solchen EU-Kompetenznachweis erwerben zu können, mit dem Drohnen der Kategorien A1 und A3 geflogen werden dürfen (siehe Tabelle), müssen die im EU-Sprachgebrauch als Fernpiloten bezeichneten Drohnenflieger mindestens 16 Jahre alt sein. Aber auch mit dem Drohnenführerschein in der Tasche müssen sie ihr Fluggerät ständig im Blick behalten und dürfen es nicht höher als 120 Meter aufsteigen lassen. Zudem ist es verboten, mit schweren Drohnen näher als 150 Meter an Personen sowie Wohn-, Gewerbe-, Industrie- und Erholungsgebiete heranzufliegen.
Die Onlineprüfung ist ein Spaziergang
Für den EU-Kompetenznachweisreicht ein Onlinetest, der vorübergehend noch gratis ist. Für die simple Internet-Führerscheinprüfung musste das Luftfahrt-Bundesamt (LBA) bereits viel Kritik einstecken. Der Vorwurf: Die Prüfung sei viel zu einfach, leicht zu manipulieren und biete kaum einen Lerneffekt. Das Nachrichtenportal »heise online« bezeichnete den Onlinetest als »Witz«.
In der Tat ist die Prüfung selbst für Laien ein Spaziergang. Wir absolvierten die Onlineprüfung innerhalb von 30 Minuten – obwohl das LBA etwa drei Stunden vorsieht, um die Regeln zu pauken. Das Fazit: Selbst wer keinen blassen Schimmer vom Modellflug hat, schafft es locker, den fünf Jahre lang geltenden Führerschein zu machen. Eine Mogelkontrolle gibt es nicht, auch der Ausweis des Prüflings wird nicht überprüft.
Der Test läuft so ab: Zunächst müssen Trainingsfragen zu Wettereinflüssen, Unfallrisiken und Flugberechnung richtig beantwortet werden, um sich für die Abschlussprüfung zu qualifizieren. Die Antworten lassen sich aber so oft ändern, bis es passt. Länger als zehn Minuten dauert das nicht, diesen Teil der Prüfung zu absolvieren.
Bei der folgenden Hauptprüfung werden 40 Fragen gestellt, etwa 30 davon müssen in höchstens 45 Minuten richtig beantwortet werden. Zwar werden hier die Antworten nicht unmittelbar als richtig oder falsch gekennzeichnet. Aber mit Suchmaschinenhilfe ist schnell klar, wofür das V in VLOS steht und wie lange Augen brauchen, um sich an die Dunkelheit zu gewöhnen. Der Test kann beliebig oft wiederholt werden.
Strenger als die EU verlangt
Das LBA wehrt sich gegen Vorwürfe, der Test werde verschenkt. Behördensprecher Carsten Konzock teilte dem SPIEGEL auf Anfrage mit, dass man angehende Drohnenpiloten sogar strenger kontrolliere als es die EU-Verordnung verlangt. Es sei beispielsweise gar nicht vorgesehen, Wissen bei einer Prüfung abzufragen. »Man hätte einfach einige Tafeln ins Internet stellen können, die der Anwender durchflippt«, sagt Konzock. »Das wollten wir nicht.« Es gehe darum, dass sich angehende Drohnenpiloten mit der Materie befassen »mit dem sanften Druck einer Prüfung am Ende«.
Außerdem schätze die Behörde die Unfallgefahr in der offenen Kategorie als gering ein. Es höre sich »recht risikoreich an, wenn theoretisch eine 25-Kilogramm-Drohne geflogen werden darf«. Diese Fluggeräte müssten aber auch mit dem EU-Kompetenznachweis »quasi auf dem freien Feld« geflogen werden, also fernab von Menschen, Industrieanlagen und Wohngebieten, sagt Konzock. Dabei sollte nicht mehr passieren als: »Die Drohne fällt herunter und ist kaputt.«
Dass auch jemand komplett anderes als der Prüfling die Prüfung am Rechner ablegen könnte, ist der Behörde klar. Der Test soll dennoch unverändert bleiben. »Es ist ausdrücklich nicht angestrebt, besondere Maßnahmen gegen Betrug zu ergreifen«, sagt Konzock. Man schätze die Gefahr der Manipulation als recht gering ein, da der Drohnenflug in dieser Kategorie in der Regel ein Hobby sei. Man gehe davon aus, dass sich »99 Prozent regelkonform verhalten wollen«. Das letzte Prozent fange man auch durch solch eine Prüfung nicht ein.
Hohe Strafen bei Regelverstößen
Der Deutsche Modellflieger-Verband (DMFV) pflichtet dem LBA bei. »Über Abstände und Gewichtsgrenzen lässt sich immer trefflich streiten«, teilt ein Verbandssprecher dem SPIEGEL mit, aber den Kompetenznachweis halte man im Grundsatz für richtig. »Um Drohnen jederzeit sicher betreiben zu können, müssen ihre Piloten die Spielregeln am Himmel kennen.« Ein Prüfungsverfahren wie für Fahrzeuge im Straßenverkehr halte man für übertrieben. »Das wäre in etwa so, als müssten Fahrradfahrer einen Führerschein machen.«
Auf die Frage, ob es nicht riskant sei, wenn Laien mit einer 25-Kilogramm-Drohne bis zu 150 Meter an Menschen heranfliegen, teilt der DMFV-Sprecher mit, dass man sich solche teuren Drohnen nicht einfach mal eben so zulege. »Wer sich ein solches Fluggerät kauft, so unsere Erfahrung, beschäftigt sich sehr intensiv mit seinem Hobby.« Diese Piloten setzten sich gern mit den gesetzlichen Anforderungen auseinander.
Für Drohnenpiloten lohnt es sich auf jeden Fall, die Regeln zu kennen. Wer gegen die Vorschriften verstößt, muss mit hohen Strafen rechnen: Bußgelder von bis zu 50.000 Euro drohen.
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