Corona-Impfstoff: Markus Söder wirft EU zu späte Bestellung vor

Markus Söder
Foto: Michael Kappeler / dpa
Wer hat die Schuld am Impf-Chaos in Deutschland? CSU-Chef Markus Söder attackiert in dem Streit die EU. Es sei zu spät Impfstoff bestellt und zudem nur auf wenige Hersteller gesetzt worden, sagte Bayerns Ministerpräsident im ZDF-»Morgenmagazin«. Das Ergebnis sei bislang ungenügend.
»Die operative Verantwortung lag in Europa«, sagte Söder. Man habe die grundlegende Bedeutung auch in Deutschland unterschätzt. Deshalb sei man hier einige Wochen nach Beginn des Impfstarts an einen Punkt, an dem die bestellten Mengen nicht ankämen und Impfungen deswegen verschoben würden. »Das ist schon eine sehr, sehr unsichere Situation für so ein wichtiges Thema. Und ich glaube, man hat es auch in Deutschland an einigen Stellen am Anfang unterschätzt«, sagte Söder.
Der Ministerpräsident forderte »maximale Transparenz« bei der Aufarbeitung der Probleme. Söder begrüßte deshalb auch den Impf-Gipfel von Bund und Ländern am Montag. Jetzt gehe es darum, schneller an mehr Impfstoff zu bekommen. »Das kann doch nicht sein, dass ein so großer Kontinent, der wirtschaftlich so stark ist und so viele große Pharma-Unternehmen hat, nicht mehr an Produktion möglich machen kann, als nur ein Werk, dass jetzt gerade in Marburg ans Band gehen soll«, sagte Söder.
Von der Leyen verteidigt EU-Strategie
EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen hatte zuvor die Corona-Impfstrategie der Europäischen Union verteidigt und den Hersteller AstraZeneca zu klaren Lieferzusagen gedrängt. »Was ich verlange, ist Transparenz und Planungssicherheit«, sagte sie im Deutschlandfunk.
Der britisch-schwedische Pharmakonzern habe vor einer Woche sehr überraschend und ohne plausible Erklärung eine Lieferkürzung angekündigt. Dabei seien die Bestellungen der EU verbindlich und nicht mit Einschränkungen versehen. »Der Vertrag ist glasklar«, sagte von der Leyen. Um das zu zeigen, wolle man das Dokument an diesem Freitag veröffentlichen.
Vorwürfe an ihre Adresse wies von der Leyen zurück. Die EU-Kommission habe den Vertrag mit AstraZeneca rechtzeitig abgeschlossen. Dass Großbritannien früher bestellt habe, spiele für die Lieferpflichten des Unternehmens keine Rolle. »Das ist nicht wie beim Bäcker, wo man Schlange steht«, sagte sie.
Dass in Großbritannien inzwischen mehr als zehn Prozent der Bevölkerung einmal geimpft wurden, während es in Deutschland nur rund zwei Prozent sind, führte sie auf die genauere Prüfung des Impfstoffs durch die EU-Arzneimittelbehörde EMA zurück. Man setze auch in dieser Notlage bewusst auf eine bedingte Marktzulassung statt nur eine Notzulassung, weil es »keine Abkürzung bei der Sicherheit« geben dürfe. »Diese drei, vier Wochen muss man sich dann Zeit nehmen«, sagte von der Leyen.
Die EMA will an diesem Freitag ihre Empfehlung über die Zulassung des Impfstoffs von AstraZeneca abgeben. In Deutschland hat die Ständige Impfkommission inzwischen empfohlen, das Mittel nur Erwachsenen unter 65 Jahren zu spritzen, weil für Ältere zu wenig Testdaten vorlägen. Die EU-Staaten sollen bis zu 400 Millionen Impfdosen von AstraZeneca bekommen.
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