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Der indonesische Fußball hat es so weit gebracht – aber das Land braucht einen Trainer

An einem frühen Oktoberabend, in der brütenden Hitze des Arabischen Golfs, gewann die indonesische Fußballnationalmannschaft, die Rot-Weißen, mit 2:1 gegen den Gastgeber Bahrain, schreibt Colin Stevens.

Das war in gewisser Weise eine Überraschung: Die kleine Golfnation war (und ist) laut FIFA besser als ihre südostasiatischen Gegner.

Doch Indonesien hatte gerade erst glaubhafte Unentschieden gegen Saudi-Arabien und Australien erreicht. Das Spiel gegen Bahrain war somit das dritte Spiel einer Qualifikationsrunde für die FIFA Fussball-Weltmeisterschaft 2026 – und die indonesischen Fans rechneten bereits mit der Qualifikation.

Mit anderen Worten: Dieses Spiel sollte Indonesien gewinnen.

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Doch in den letzten fünfzehn Minuten der regulären Spielzeit sah Indonesien alles andere als gut aus. Die Mannschaft war lange Zeit körperlich robust, aber taktisch gesehen war sie verloren.

Die beiden indonesischen Tore resultierten aus individuellen Glanztaten. Das erste Tor erzielte Ragnar Oratmangoen kurz vor der Halbzeitpause, das zweite Rafael Struick mit einem Schlenzer von der Strafraumgrenze (74. Minute).

Struicks Kopfballtreffer hätte der Endstand sein müssen, doch Indonesien verlor bald die Kontrolle über das Spiel, lud Bahrain zum Druck ein und wurde im Ballbesitz völlig unkonzentriert.

Der Ausgleichstreffer Bahrains fiel zwar spät – in der neunten Minute der Nachspielzeit -, war aber vorhersehbar. Indonesien, eine Mannschaft mit hervorragenden Einzelspielern, die durch die jüngste Reform des nationalen Fußballs zusammengeführt wurde, hatte ein klares Manko: taktische Ungeschicklichkeit.

Cheftrainer Shin Tae-yong steht nun unter großem Druck. Der ehemalige südkoreanische Nationalspieler betreute sein Heimatland zwischen 2017 und 2018, bevor er 2020 an die Spitze der Rot-Weißen rückte. Trotz seiner treuen Dienstzeit muss er nun beweisen, dass seine Methoden über Körperlichkeit und Fitness hinausgehen.

Wenn Indonesien eine WM-Mannschaft sein will, braucht es ein ausgeklügeltes Spielsystem und taktische Pläne für verschiedene Spielsituationen, von der Aufholjagd nach einem Rückstand bis zum Abschluss eines Spiels, wenn man vorne liegt.

Nach dem Unentschieden gegen Bahrain und den anschließenden Niederlagen gegen China und Japan werden Indonesiens Fußballverantwortliche überlegen, wie sie wieder in die Spur kommen können. Die internationalen Fans sollten keinen Zweifel daran haben, dass diese Aufgabe sehr ernst genommen wird.

Die Ernennung des ehemaligen Besitzers von Inter Mailand und DC United, Erick Thohir, zum Vorsitzenden des Fußballverbands (PSSI) im Jahr 2023 ist ein Beweis dafür, dass Indonesien den Erfolg braucht. Thohir ist in der FIFA sehr gut vernetzt – er ist persönlich mit Gianni Infantino befreundet – und hat Indonesien die U-17-Weltmeisterschaft 2023 beschert.

Ebenso wichtig ist, dass die Spieler der Nationalmannschaft seit 2019 in den Genuss von Einrichtungen und Betreuung auf europäischem Niveau kommen. Das bedeutet, dass das Spielen für Indonesien eher eine Attraktion als eine Last ist. Parallel dazu hat die PSSI ein erfolgreiches Einbürgerungsprogramm durchgeführt, durch das Spieler mit indonesischer Herkunft in die Nationalmannschaft aufgenommen werden können.

Maarten Paes (FC Dallas); Ole Romeny (FC Utrecht); Mees Hilgers (Twente); Thom Haye (Almere City); Calvin Verdonk (NEC); Kevin Diks (FC Kopenhagen); Jay Idzes (Venezia); Nathan Tjoe-A-On (Swansea City). All diese Spieler sind beeindruckende Neuzugänge der letzten Jahre bei den Rot-Weißen, Qualitätsspieler, die Woche für Woche in den Top-Ligen der Welt spielen.

Besorgniserregend sind die Gerüchte aus dem indonesischen Lager, dass die eingebürgerten Spieler, von denen viele eine doppelte indonesisch-niederländische Abstammung haben, mit dem Niveau der Trainer nicht zufrieden sind. Es scheint eine große Kluft zwischen den taktischen Kenntnissen europäischer Trainer und dem, was sie in Jakarta vorfinden, zu geben.

Über die Taktik hinaus wird von dieser Gruppe auch ein gewisses Maß an seelsorgerischer Betreuung gefordert. Spieler wie Idzes und Tjoe-A-On sind Niederländer, die in Italien bzw. im Vereinigten Königreich spielen. Indonesien ist Tausende von Kilometern entfernt und die Kultur ist ungewohnt.

Spieler von solcher Qualität in die Nationalmannschaft zu integrieren und ihnen das Gefühl zu geben, willkommen zu sein und geschätzt zu werden, ist eine Selbstverständlichkeit. Shin Tae-yong scheint an dieser Aufgabe zu scheitern, und das muss sich ändern.

Die indonesischen Fans sehnen sich nach einer einheitlichen Fußballphilosophie. In Asien zeichnet sich Japan durch sein ballbesitzorientiertes Spiel und den Einsatz breiter Innenverteidiger aus, um Angriffe aus verschiedenen Winkeln zu ermöglichen. Die Samurai Blue spielen den Ball auch unter Druck mit den Füßen.

Die spanische Nationalmannschaft mag eine ehrgeizigere Inspirationsquelle sein – die Spanier scheinen von Geburt an zum Passen und Verschieben erzogen worden zu sein -, aber der Aufbau eines erfolgreichen Systems erfordert eine solche Konsequenz.

In Wahrheit wird Indonesien wohl eher auf ein Konterspiel mit schnellen Flügelspielern setzen. Aber es ist wichtig, dass sich der Cheftrainer zumindest kurzfristig auf etwas einlässt.

Der kommende März wird ein echter Wendepunkt in der Geschichte des indonesischen Fußballs sein. Die WM-Qualifikationsspiele gegen Australien und Bahrain dürfen nicht verloren, wenn nicht sogar gewonnen werden.

Die Gruppe hat das Talent, vier oder sogar sechs Punkte aus diesen Spielen zu holen und damit einen großen Schritt in Richtung des wirklich bemerkenswerten Kunststücks einer Weltmeisterschaft zu machen. Fraglich ist nur der Spielplan: die drängende Frage, wie Indonesien diese Spiele gewinnen will.

Dieses immer wiederkehrende Manko muss der Trainerstab erst noch lösen. Es muss bald eine Lösung gefunden werden, und zwar schnell, wenn Indonesien zu einer echten Fußballmacht werden soll.

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