Das Ende des chinesischen Schlendrians
Am Sonntag beginnt in China der 20. Parteitag der Kommunistischen Partei. Es wird ein besonderer Parteitag, weil dort passiert, was Männer, die sich für unersetzlich halten, in der Politik gerne tun. Sie marschieren in Richtung Ewigkeit. Das heißt, dass sie die Regeln so ändern oder umgehen, dass sie nicht mehr abtreten müssen. Putin hat das gemacht, afrikanische Despoten haben das gemacht, nun macht es Xi Jinping.
Chinesischer Volkskongress 2018
Foto: Nicolas Asfouri / AFP
Für Parteichefs in China waren maximal zwei aufeinanderfolgende Amtsperioden vorgesehen, also zehn Jahre. Die laufen nun aus, aber Xi hat vorgesorgt, er kann bleiben, wird bleiben, schwingt sich zum Alleinherrscher auf. Ein Porträt Xis und eine Analyse seiner Politik können Sie in der Titelgeschichte des neuen SPIEGEL oder bei SPIEGELplus lesen.
Xi hat seinem Land, so schreiben meine Kollegen, mit gnadenloser Strenge vor allem den Schlendrian ausgetrieben. Das Konzept chinesischer Lässigkeit heißt Chabuduo, was man mit “passt schon” übersetzen könnte. Xi hingegen treibt seine Landleute zum Maximum an und will auf diesem Weg China zur Weltmacht Nummer eins machen.
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Chinas Staatschef Xi Jinping: Der Allmächtige
Doppelte Last
Interessant finde ich im neuen SPIEGEL auch die Geschichte über die Finanzmärkte. Zwei schwere Lasten drücken auf die Weltwirtschaft: der Krieg in der Ukraine mit seinen Folgen für die Energieversorgung und die Null-Covid-Strategie von Xi Jinping in China, die zu Lockdowns führt und Lieferketten unterbricht. Beides treibt die Preise und die Zinsen.
Die Analyse meiner Kollegen ist einerseits beruhigend, weil ein Lehman 2.0 wohl nicht zu erwarten ist. Ein bisschen wurde dann doch aus der Finanzkrise 2008 gelernt, die gefährlichsten Spekulationen wurden eingeschränkt. Andererseits droht eine neue Gefahr, diesmal von den Anleihemärkten, wo die Schuldverschreibungen von Unternehmen und Staaten gehandelt werden. Dort fehlt es an Nachfrage. So richtig beruhigt war ich nach der Lektüre dann doch nicht.
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Billionenmarkt: Stehen wir vor einer neuen Weltfinanzkrise?
Das ist doch wirklich der Gipfel. Oder?
Eberhard Jurgalski aus Lörrach hat eine seltsame Leidenschaft. Er ist Bergchronist, er überprüft, ob Bergsteiger wirklich auf dem Gipfel von Achttausendern waren oder knapp darunter. Dafür wertet er Fotos aus, mitunter auch Satellitenscans, um erreichte Höhen festzustellen. So will er Reinhold Messner und Hans Kammerlander nachgewiesen haben, dass sie auf dem Annapurna fünf Höhenmeter vom Gipfel entfernt waren. In Jurgalskis Liste wurde ihnen der Annapurna daher genommen.
Der K2, zweithöchster Berg der Erde
Foto: epa Ho/ picture alliance / dpa
Messner wird bei Jurgalski nicht mehr als Bergsteiger geführt, der alle 14 Achttausender erklommen hat. 44 Männer und Frauen behaupten von sich, das geschafft zu haben. Bei Jurgalski sind es nur vier. Kammerlander nennt das “Erbsenzählerei”. Leute, die es genau nehmen, werden das eher als Lob verstehen. Und Jurgalski nimmt es sehr genau. Auch diese Geschichte steht im neuen SPIEGEL.
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Zäsur in der Alpingeschichte: Wenn fünf Höhenmeter fehlen
Reisen nach Sondervorschrift
Gestern morgen konnte ich nicht nach Dresden fahren, weil der Zug ausgefallen ist. Das wäre mir womöglich nicht passiert, würde ich bei der Bahn unter die Konzernrichtlinie 199, Modul 1 fallen, “Reisen nach Sondervorschrift”. Mein Kollege Serafin Reiber hat enthüllt, dass es spezielle Regeln für VIPs gibt, vor allem für prominente Politikerinnen und Politiker.
Wenn für sie ein Platz reserviert wird, bricht bei der Bahn Geschäftigkeit aus. Lokführer, Zugführer, Stellwerke, Leitstellen werden alarmiert. Alle sollen sich besonders anstrengen, dem Politiker Unbequemlichkeiten zu ersparen, vor allem die notorische Verspätung. Der Zug mit dem VIP dürfe auf keinen Fall stehenbleiben, dann lieber andere warten lassen. Insbesondere diese Vorschrift hätte mir gestern geholfen: “Die Reisezugwagen sind von den Bahnbetriebswerken rechtzeitig vor jeder Fahrt in allen Teilen sorgfältig zu untersuchen.”
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VIP-Service: Wie die Deutsche Bahn Spitzenpolitiker bevorzugt
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Die Startfrage heute: Wo befindet sich der tiefste Punkt der Weltmeere?
Gewinner des Tages…
…ist Hans Zimmer, der sich im SPIEGEL-Gespräch freimütig über Hollywood auslässt. Dort ist er einer der begehrtesten Komponisten, hat zwei Oscars für seine Filmmusik bekommen, den ersten für “Der König der Löwen”, den zweiten in diesem Jahr für “Dune”. Zur Verleihung ist er nicht gegangen, er war in Amsterdam und hat geschlafen.
Die Oscars, sagt er, seien billig gemacht, das Gold auf seinem ersten blättere schon ab. Hollywood findet er “furchtbar, es ist brutal, sexistisch, rassistisch”. Er spricht zudem offen über die fabrikmäßige Musikproduktion, für die er kritisiert wird. Gewinner des Tages ist Zimmer jedoch, weil er meinen Lieblingssatz in diesem SPIEGEL sagt: “In Deutschland hält dich jeder für einen Idioten, wenn du in einen Raum gehst – in England musst du erst beweisen, dass du einer bist.”
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Hans Zimmer über die Filmindustrie: »Meine Oscars stehen unterm Schrank«
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Er lebte seinen Traum in Norwegen – nun sehnt er sich nach Deutschland zurück: Nach dem Psychologiestudium zog Thomas Bickhardt in einen alten Leuchtturm auf einer Klippe an Norwegens Westküste. Nun, mit fast 60, will er einen Neustart in der alten Heimat wagen. Warum?
Ich wünsche Ihnen einen guten Start in den Tag.
Ihr Dirk Kurbjuweit
