Der Hohe Vertreter Josep Borrell hat eine Dringlichkeitssitzung der EU-Außenminister einberufen. Auf der Tagesordnung steht nur ein Thema: der iranische Raketen- und Drohnenangriff, der von Israel und seinen Verbündeten erfolgreich abgefangen wurde. Ein Sprecher sagte, die EU fordere Israel ganz klar zur Zurückhaltung auf, um eine Eskalation zu vermeiden, die niemandem nütze, schreibt der politische Redakteur Nick Powell.
Der Rat für Auswärtige Angelegenheiten wird etwa 24 Stunden nach der israelischen Kabinettssitzung zusammentreten, um über die noch nicht bekannt gegebene Reaktion auf den iranischen Angriff zu entscheiden, der seinerseits eine Antwort auf einen Angriff auf die iranische Botschaft in Damaskus war, für den sich Israel nicht zu seiner Verantwortung bekannt hat. Die Europäische Union hat beide Anschläge verurteilt, da sie eine Eskalation des Konflikts zwischen Israel und der Hamas zu einem umfassenden regionalen Krieg befürchtet.
Es ist möglich, dass die EU-Sanktionen gegen den Iran und einzelne iranische Beamte ausgeweitet werden, auch wenn sie nicht angekündigt werden, bevor sie umgesetzt sind. Doch realistischerweise würde der einzige wirksame Druck auf Israel von den Vereinigten Staaten ausgehen.
Ein Faktor, den die israelische Regierung abwägen muss, ist die Frage, ob die willkommene Unterstützung einiger arabischer Länder, die Raketen und Drohnen abfingen und Informationen über einen bevorstehenden Angriff lieferten, ein Zeichen für künftige Zusammenarbeit ist, die bei einer Eskalation des Konflikts verloren gehen könnte. Der amerikanische Einfluss auf einige arabische Staaten, vor allem Jordanien, könnte ebenfalls eine Rolle gespielt haben.
Dr. Jonathan Spyer, Autor von Studien sowohl über den israelisch-islamistischen Konflikt als auch über die Kriege in Syrien und im Irak, vertritt die Auffassung, dass die Vereinigten Staaten Israel seit den Hamas-Anschlägen vom 7. Oktober 2023 deshalb so proaktiv unterstützt haben, weil sie harte Vergeltungsmaßnahmen gegen eine ganze Reihe iranischer Verbündeter wie die Hisbollah im Libanon und die Houthis im Jemen verhindern wollten.
Seiner Ansicht nach ist der Iran nicht nur entschlossen, einen direkten Zusammenstoß mit Amerika zu vermeiden, sondern würde es vorziehen, den Krieg gegen Israel wieder nur über Stellvertreter zu führen. Die israelfreundlichen Golfstaaten verstehen, auch aufgrund ihrer eigenen Abneigung gegen das iranische Regime, dass Israel unter dem Druck der Vereinigten Staaten steht, Zurückhaltung zu üben, und sind besorgt über die amerikanische, nicht die israelische Politik gegenüber dem Iran.
Dr. Spyer merkt an, dass die Idee einer gemeinsamen Außenpolitik der EU immer eher ein Wunsch als eine Realität war. Er stellt jedoch eine zunehmende Besorgnis der europäischen Länder über den Iran fest, obwohl er keine großen Veränderungen erwartet.
Beni Sabti hat das israelische Militär beraten, wie man die iranische Entscheidungsfindung und die Medien beeinflussen kann. Er ist in Teheran geboren und aufgewachsen, bevor er 1987 nach Israel flüchtete. Er glaubt, dass die Mitglieder des Regimes froh sein werden, dass einige ihrer Raketen kurz über Jerusalem waren, auch wenn sie abgeschossen wurden. Ihre langfristige Vision der Zerstörung Israels ist in ihren Köpfen etwas näher gerückt.
Er behauptet, dass nur etwa 15-20 % der iranischen Bevölkerung das Regime unterstützen und verweist auf die niedrige Wahlbeteiligung bei den Parlamentswahlen. In den sozialen Medien gibt es einige Belege für die Unterstützung Israels durch die Bevölkerung und die Gewissheit, dass es Vergeltungsmaßnahmen gegen das iranische Regime ergreifen wird. “Ich hoffe, wir enttäuschen sie nicht”, fügte er hinzu.
Beni Sabti deutet auch an, dass eine ausbleibende Reaktion Israels das Regime selbst enttäuschen würde und es daraus die Lehre ziehen würde, dass der Iran “früher und härter” gegen Israel hätte zuschlagen können. Die Mitglieder des Regimes würden nicht zu dem Schluss kommen, dass Israel versuche, den Konflikt einzudämmen, warnt er, sondern sie würden denken, dass Israel schwächer sei als sie dachten.
