Im Vorfeld der EU-Wahlen im Juni dieses Jahres hat die Gemeinschaft der Europäischen Bahnen und Infrastrukturgesellschaften (CER) ihr Manifest 2024-29 “On Track For Europe” bei einer hochrangigen Veranstaltung im Europäischen Parlament vorgestellt, die von MdEP Dominique Riquet ausgerichtet wurde. Das Manifest ist fest darauf ausgerichtet, die Ziele der EU-Strategie für nachhaltige und intelligente Mobilität in Bezug auf die Verkehrsverlagerung und den Anteil der Verkehrsträger zu erreichen, und legt die Vision des europäischen Eisenbahnsektors für gut funktionierende Schienenpersonen- und -güterverkehrsdienste in einem hochleistungsfähigen Eisenbahninfrastrukturnetz dar, das eine Schlüsselrolle bei der umweltfreundlichen und digitalen Transformation Europas spielen wird.
Die Eisenbahnen haben ehrgeizige Ziele für die Zukunft des nachhaltigen Verkehrs in Europa: Hochgeschwindigkeitsverbindungen zwischen allen EU-Hauptstädten und Großstädten, hochwertige Regionalverkehrsdienste für alle, mehr Nachtzüge und nachhaltige Tourismusangebote, vollständig digitaler Güterverkehr mit der Schiene als Rückgrat einer Netto-Null-Logistik. Die Bedeutung dieser Themen wurde auch im hochrangigen Bericht des ehemaligen italienischen Ministerpräsidenten Enrico Letta über die Zukunft des Binnenmarktes hervorgehoben, in dem die EU aufgefordert wird, Hochgeschwindigkeits-Eisenbahnverbindungen zwischen allen EU-Hauptstädten zu bauen, um ein “eklatantes Paradoxon” in der EU-Infrastruktur zu lösen.
Das Manifest vertritt die Ansicht, dass die Schiene mit ihren einzigartigen Vorteilen in Bezug auf Emissionseinsparungen, Energieeffizienz und Schaffung von Wirtschaftsaktivitäten im Mittelpunkt aller politischen Instrumente zur Förderung der Nachhaltigkeit, der Energieunabhängigkeit und des Wohlstands in Europa stehen sollte. Die CER unterstreicht die Notwendigkeit einer strategischen Vision, die einen nachhaltigen Verkehr umfasst.
Die Unterstützung öffentlicher und privater Investitionen in die Infrastruktur ist von entscheidender Bedeutung für die weitere Förderung von Eisenbahnprojekten im paneuropäischen Verkehrsnetz TEN-T sowie für die Vertiefung des Binnenmarktes durch einen Hochgeschwindigkeits-Masterplan und die Förderung der Interoperabilität. Diese Entwicklung geht Hand in Hand mit dem Einsatz digitaler Hilfsmittel, die einen sichereren und effizienteren Bahnbetrieb in der EU ermöglichen. Die CER fordert die Mitgliedstaaten auf, dies zu einer Priorität in der nächsten Amtszeit der Europäischen Kommission und des Parlaments zu machen.
Es werden vier grundlegende Pfeiler identifiziert, an denen sich künftige politische Maßnahmen orientieren sollen:
- Fairer Wettbewerb zwischen den Verkehrsträgern – Trotz früherer Bemühungen ist der heutige Rechtsrahmen nicht fair, da die Eisenbahnen viele Kosten und Verpflichtungen tragen, die anderen Verkehrsträgern nicht auferlegt werden. Es bleibt noch viel zu tun, um Ungleichgewichte bei den Bedingungen und Preisen für den Zugang zur Infrastruktur, bei der Energiebesteuerung, den Mehrwertsteuervorschriften und den unterschiedlichen sozialen Bedingungen zu beseitigen, die insbesondere Sozialdumpingpraktiken im Straßenverkehrssektor zulassen.
- Angemessene Finanzierung der Eisenbahnen – Die Eisenbahnen benötigen eine faire, langfristige und umfassende Finanzierung. Um den enormen Bedarf an Infrastrukturinvestitionen des Sektors zu decken, ist eine größere EU-Haushaltslinie für den Verkehrssektor in einem aufgestockten mehrjährigen Finanzrahmen erforderlich, die auch neue EU-Finanzierungsquellen wie zweckgebundene Einnahmen aus dem EU-Emissionshandelssystem umfasst.
- Einführung der wichtigsten digitalen Voraussetzungen für den Schienenverkehr: Dazu gehören das Europäische Eisenbahnverkehrsleitsystem (ERTMS) und das digitale Kapazitätsmanagement (DCM) für eine optimierte Nutzung des Schienennetzes, die digitale automatische Kopplung (DAC) als entscheidender Schritt zu einem vollständig digitalen Güterverkehr und das offene Verkaufs- und Vertriebsmodell (OSDM) für eine einfachere internationale Fahrkartenausstellung. Diese digitalen Neuerungen verbessern nicht nur die Bahndienstleistungen für die Endnutzer, sondern senken auch die Kosten. So erfordert die Erhöhung der Schienenkapazität, die durch digitale Mittel mit DCM erreicht werden kann, nur 5 % des Budgets, das für den Bau neuer physischer Schieneninfrastruktur erforderlich wäre.
- Ein umweltfreundlicherer Ansatz in der Markt- und Wettbewerbspolitik – Die Wettbewerbspolitik muss die Klima- und Umweltpolitik der EU besser berücksichtigen und sollte eine Verlagerung auf umweltschädlichere Verkehrsträger verhindern. Bestimmte Marktsegmente im Schienenverkehr, wie z. B. der Einzelwagenverkehr, sind heute oft wirtschaftlich nicht tragfähig, stellen aber eine nachhaltig tragfähige Verkehrslösung zur Bekämpfung der Klimakrise dar. Beihilfen für solche Dienste können nicht auf der Grundlage von Vorschriften bewertet werden, die die strategischen politischen Orientierungen der EU als Ganzes, einschließlich der Ziele des Green Deal, nicht berücksichtigen.
Während der Eröffnungsveranstaltung sammelte die CER die Eindrücke aktueller politischer Entscheidungsträger sowie externer Stakeholder, die Unternehmen und zivilgesellschaftliche Nutzer von Bahndienstleistungen repräsentieren, von denen viele an der Umfrage 2023 mitwirkten, die in das endgültige Manifest einfloss.
Dominique Riquet, MdEP, sagte: “Am Ende dieser Legislaturperiode ist es an der Zeit, eine Bilanz unserer Leistungen zu ziehen. Wir haben mit der CEF II, der laufenden Regulierung der Eisenbahnkapazität oder den TEN-V-Leitlinien viel erreicht. Doch der Kampf für die Schiene geht weiter. Wir müssen jetzt über künftige politische Entwicklungen nachdenken, um sie bestmöglich zu nutzen und unsere Dekarbonisierungsziele zu erreichen”.
Der belgische Vizepremierminister und Minister für Mobilität, Georges Gilkinet, begrüßte die Initiative des Sektors und erklärte: “Die Bahn muss zum Rückgrat unserer europäischen Mobilität werden, wenn wir unsere Volkswirtschaften dekarbonisieren wollen. Die Verlagerung auf die Schiene, den nachhaltigsten Verkehrsträger, muss eine politische Priorität für die nächste EU-Kommission sein. Um dies umzusetzen und alle Europäer mit der Bahn zu verbinden, müssen wir massiv in den Sektor investieren. Das CEF-Programm spielt dabei eine entscheidende Rolle, und wir müssen diesen Weg mit einer dritten und gut finanzierten CEF-Aufforderung fortsetzen. Eine langfristige Vision, eine solide Finanzierung und Menschen sind der Schlüssel zu einer zukunftssicheren europäischen Mobilität”.
Filip Alexandru Negreanu Arboreanu, Kabinettschef von EU-Verkehrskommissarin Adina Vălean, äußerte sich bei der Auftaktveranstaltung ebenfalls positiv über das Manifest. “Ihre Unterstützung für ein starkes Finanzierungsinstrument für die Verkehrsinfrastruktur ist äußerst wertvoll und wird sehr geschätzt. Und Sie können sich auch auf unsere Unterstützung verlassen, um die Schiene zum gewünschten Verkehrsträger der Zukunft zu machen”, sagte er.
Der Exekutivdirektor der CER, Alberto Mazzola, sagte: “Im Manifest der CER verpflichten sich die Bahnen, den neuen Generationen von Europäern Folgendes zu bieten: bessere Personenverkehrsdienste für alle, einschließlich Hochgeschwindigkeitsverbindungen zwischen Hauptstädten und Großstädten; einen digitalen, mit anderen Verkehrsträgern integrierten Schienengüterverkehr, der zu einer emissionsfreien europäischen Logistik führt; eine zuverlässige, sichere Hochgeschwindigkeitsinfrastruktur sowie Verbesserungen des bestehenden Netzes durch Modernisierung und Digitalisierung. Wir fordern die EU und die Mitgliedsstaaten zu einer nachhaltigen Investitionspolitik auf, um der Schiene weiterhin Priorität einzuräumen und sie zu unterstützen”.
Mit konkreten politischen Vorschlägen für jede der vier Säulen zeigt das CER-Manifest 2024-2029 auf, was notwendig ist, damit sich die Bahn weiterentwickeln und Europa das volle Potenzial der Bahn nutzen kann.
